Vom Händler zum Produzenten

Der Münchner Beerenspezialist Früchte Widmann hat vor 15 Jahren neben dem Handelsgeschäft auch einen Eigenanbau gestartet. Heute verfügt das Familienunternehmen in dritter Generation über mehrere Anbauprojekte im In- und Ausland. Wir haben Dr. Hans Widmann, geschäftsführender Gesellschafter, zu Hintergründen, Chancen und Risiken sowie seinen Plänen für die Zukunft befragt.

Sie haben 2007 mit Eigenanbau begonnen – wie kam es dazu?

Wir hatten früher im Jahresverlauf Versorgungslücken, die wir nicht mit Beeren von Partnerproduzenten schließen konnten – z.B, in den Monaten Juni und Juli, also nach der spanischen und vor der deutschen Saison. Darum sind wir selbst aktiv geworden und haben begonnen, in Rumänien anzubauen. In den darauffolgenden Jahren haben wir den Eigenanbau auf andere Länder ausgeweitet.

Welche Vorteile haben Ihre Kunden dadurch?

Für unsere Kunden sind wir nicht mehr nur Handelspartner, sondern wichtiger Produktionspartner vor Ort. Das bedeutet, dass wir direkt auf die Produktion Einfluss nehmen können. Wir können also Kundenwünsche zu Sorten, Verpackung oder Umsetzung neuer Standards im Bereich Soziales oder Nachhaltigkeit ohne Umwege erfüllen.

Profitieren auch die Produzenten vor Ort davon?

Durch unseren Eigenanbau entstehen neue Arbeitsplätze: Wir brauchen Mitarbeiter für Ernte und Pflege vor allem während der Saison, aber auch Vollzeitmitarbeiter für Management, Verwaltung und Produktionssteuerung. Somit leisten wir einen wertvollen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung in den Produktionsländern.

Wie gehen Sie mit Ernteausfällen, niedrigen Erträgen oder Saisonlücken um?

Als Erzeuger tragen wir natürlich auch das finanzielle Risiko. Wir versuchen, Ernteausfällen oder niedrigen Erträgen durch die Sortenwahl, Kulturmethoden sowie Bewirtschaftung in unterschiedlichen Lagen gezielt vorzubeugen. Saisonlücken gleichen wir mit der Ware langjähriger Partnerproduzenten aus. Teilweise sind wir Exklusivvermarkter dieser Produzenten. Das zeigt, wie vertrauensvoll und gut unsere Zusammenarbeit ist.

Werden beim Eigenanbau außerhalb Deutschlands die Qualitätsstandards eingehalten?

Wir sind ganzjährig mit unseren Anbauprojekten in Kontakt. Die Präsenz vor Ort in der Produktion ist eine angenehme „Pflicht“, die der Eigenanbau mit sich bringt. Durch zahlreiche persönliche Besuche können wir die Qualität überprüfen und mögliche Probleme beheben. Wir haben mit unseren Mitarbeitern und Partnern ein gewachsenes Vertrauensverhältnis. Deshalb drücken wir die Vorgaben des Einzelhandels nicht einfach durch, sondern überzeugen unsere Kollegen von deren Notwendigkeit. Nicht zuletzt werden alle unsere Produkte regelmäßig in unabhängigen Laboren untersucht – sowohl die aus Eigenanbau als auch die von Partnern.

Wie soll es mit Ihrem Eigenanbau in Zukunft weitergehen?

Für die nächsten Jahre ist ein Ausbau der Anbaugebiete in Südafrika geplant. Auch unsere Beerenproduktion in Österreich wollen wir deutlich erweitern. In Marokko oder Spanien starten wir ein neues Anbauprojekt, um eine ganzjährige Versorgung über Eigenanbau zu gewährleisten. Außerdem werden wir mit einem Partner ein eigenes Projekt auf rund 10 ha zum Testen neuer und innovativer Sorten beginnen. Schließlich möchten wir unseren Kunden zu jeder Jahreszeit die besten Beeren anbieten.

Vielen Dank für das Interview,
Herr Widmann!